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: Borussia oder die besonders dreiste Art der Wettbewerbsverzerrung

Dortmund hat verloren – und den 22. Bundesligaspieltag damit doch noch zu einem ganz guten gemacht

Die schlechte Nachricht mal gleich vorneweg: Das verrückte Peterchen und sein VfL haben diesmal nicht gewonnen. Das ist bedauerlich, weil einem die Bochumer mit ihrem netten Fußball und ihrem kauzigen Coach mittlerweile doch arg ans Herz gewachsen sind. Andererseits ist es nicht weiter schlimm, weil der VfL mittlerweile sogar so gut ist, dass er nicht gewinnt – und in der Tabelle dennoch weiter nach oben steigt. Seit Samstag sind es genau noch drei Punkte bis zur Champions League.

So ist dieser 22. Spieltag doch kein ganz schlechter geworden, zumal ja auch der Titan endlich wieder titanenhaft gehalten hat. Vor allem aber, und das überstrahlt ohnehin alles, weil Dortmund verloren hat. Denn spätestens seit letzter Woche muss gelten: Jeder Spieltag, an dem Borussia verliert, ist ein guter Spieltag! Dazu muss man sagen, dass diese Aversion keineswegs schon immer da war, weil man etwa aus Schalke stammt, Gott bewahre! Ganz im Gegenteil: Es gab Zeiten, da war Borussia einem ganz sympathisch, und sei es auch nur, weil sie in ihren schwarz-gelben Trikots an Biene Maja erinnerte und deren vertrottelten Freund Willi. Und weil sie ein paarmal an der Bayern statt Meister wurde natürlich. Aber selbst das ist ab sofort kein Grund mehr, Borussia zu mögen. Borussia ist ab sofort nur noch widerlich!

Daran kann selbst die Tatsache nichts ändern, dass die Deutsche Presse Agentur den BvB gerade zum „größten Sorgenfall des deutschen Fußballs“ erklärt hat. Dafür gibt es guten Grund, weil ganz schlechte Zahlen, wie letzten Freitag bekannt wurde. Da veröffentlichte Borussia, die übrigens kein Fußballverein mehr ist, sondern eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, ihre Halbjahreszahlen. Ergebnis: Allein für den Zeitraum von Juli bis Dezember letzten Jahres hat Borussia 29,4 Millionen Euro Miese gemacht. Ein „Bundesliga-Rekorddefizit“, wie erneut dpa wusste. Findige Finanzexperten rechneten sogleich hoch auf den Rest des Geschäftsjahrs. Endergebnis: Bis Sommer könnte das Defizit auf 60 Millionen klettern.

Nun ist es ja so, dass man als taz schon aus reinem Prinzip für die Armen und Notleidenden sein muss, ein bisschen ist man da wie Robin Hood. Bei Borussia aber muss eine Ausnahme gemacht werden. Denn Borussia ist nicht nur ein Sozialfall, sondern vor allem: eine besonders dreiste Art der Wettbewerbsverzerrung. Denn teure Spieler kaufen ohne das dafür nötige Großgeld in der Tasche zu haben, um damit dann jene Vereine nieder zu halten, die genau das nicht tun, bzw. in gemäßigterem Stil, kann jeder. So gesehen ist jede Niederlage der Borussia ein Sieg für die Gerechtigkeit. Und für den VfL Bochum natürlich. FRANK KETTERER